Cape York

Dieser Trip war von uns schon lange geplant. Dennoch, als wir unseren reservierten 4x4-Camper abgeholt hatten, mussten wir noch bangen, ob wir die geplante Strecke überhaupt befahren duerfen. In den vorangegangenen Wochen hatte es ungewöhnlich viel geregnet. Das haette einige Strecken unpassierbar machen koennen, schliesslich sind die meisten Strassen auf der Cape York Halbinsel ungeteert und waehrend der Regenzeit zum Teil überflutet. Als wir am zweiten Tag die aspaltierten Strassen verlassen wollten, erhielten wir telefonisch die Erlaubnis zur Weiterfahrt zum Tip, dem noerdlichsten Punkt des australischen Festlandes.
Die geplante Strecke führte uns über die Peninsula Development Road (PDR), die Bypass Roads um den Old Telegraph Track (OTL) bis zum “Tip”. An der Stelle, an der wir den Old Telegraph Track, eine echte Herausforderung fuer 4x4-Experten, links liegen lassen mussten, da er fuer unseren Camper nicht erlaubt war, kam doch eine gewisse Wehmut in uns auf. Wir sind zwar beileibe keine Experten, doch die Strecken, die wir bis dahin befahren hatten, waren nicht wirklich abenteuerlich. Staubig, aber dennoch mit fast 100 km/h ohne Allradantrieb befahrbar. Doch schon kurze Zeit spaeter auf dem suedlichen Bypass (Bamaga Road) kamen wir auf unsere Kosten und waren froh über das Allradfahrzeug. Richtig spannend wurde es dann kurz vor den Elliot / Twin Falls. Die Erlaubnis fuer die Falls hatten wir, und der einzige Weg führte nun mal über den OTL, wo eine tiefe Flussquerung auf uns wartete.
Die Fahrt zum Tip war sehr eindrucksvoll. Wir fuhren durch australische Bilderbuchlandschaften mit riesigen Termitenhuegeln, rotem Sand und abwechslungsreicher Vegetation von trocken bis tropisch. Sofern die Strecke hohes Tempo zuliess, musste wir darauf achten, keine Kängurus, Echsen, Cassowaries oder Rinder zu ueberfahren. Als wir an der Spitze ankamen, war von Massenandrang und Tourismus wider Erwarten keine Spur. Wo waren all die organisierten Touren mit ihren Bussen und die touristischen Einrichtungen? Wir wurden zudem mit einem fantastischen Palmenstrand belohnt, an dem wir spontan campierten. Wir waren wie so oft auch an diesem Ort allein. Wir blieben drei Tage an der Spitze an verschiedenen Orten. 
Auf dem Rueckweg haben wir den langen Weg zum Chili Beach auf uns genommen. Dieser hat sich gelohnt. Zum einen wegen mehrerer Flussdurchquerungen und zum anderen wegen des Strandes, der bis auf die Hinterlassenschaften zahlreicher Camper  unberuehrt direkt an den Urwald grenzt. Aber auch hier konnte wir wie an allen anderen Straenden nicht baden, weil Gefahr durch Krokodile und Wuerfelquallen drohte. Ausserdem musste man sich vor herabfallenden Kokosnüssen in Acht nehmen. Das naechste Ziel waren die tropischen Regenwaelder des Daintree National Park. Dafuer wählten wir die Route durch den Lakefield National Park. Wir fuhren durch eine sehr karge, weite Ebene, die zum Teil durch Buschbraende in eine Mondlandschaft verwandelt wurde. Am Ende der Tagesetappe nahe Cooktown setzte lang anhaltender Regen ein. Am naechsten Morgen erfuhren wir telefonisch, dass unsere naechste Etappe - der Bloomfield Track - wegen zu viel Wasser fuer alle Fahrzeuge gesperrt war. Der Bloomfield Track ist eine bekannte, schoene 4x4-Strecke durch die Tropen entlang der Kueste in Richtung Cape Tribulation. Entsprechend gross war unsere Enttaeuschung. Wir mussten die langweilige Route über den gut ausgebauten Inlandshighway nehmen. Auch Cape Tribulation praesentierte sich uns regnerisch. Auf unseren Regenwaldexpeditionen konnten wir zwar eine spannende Vegetation erleben, doch die meisten erwarteten Tiere verbargen sich vor uns. Da sich das Wetter besserte, erhielten wir am vorletzten Tag unseres Trips doch noch die Erlaubnis fuer den Bloomfield Track. Diese erneute Schleife nach Norden hat sich gelohnt. 
Ingesamt haben wir in zwei Wochen eine Strecke von über 3000 km über grossteils raue Pisten zurückgelegt. Der abenteuerliche Charakter der Tour bestand im wesentlichen darin, in einer derart abgelegenen Region ohne 4x4-Erfahrung und ohne Handyempfang unterwegs zu sein. Und wir hatten tatsächlich Glueck. Einige Reisende, denen wir unterwegs begegneten, steckten wegen des wechselhaften Wetters teils tagelang fest. Abenteuerlich waren auch die sanitaeren Bedingungen auf den meisten “Campingplaetzen”. Diese hat man wohl vor Jahren mal hingestellt und seither sich selbst ueberlassen. Teilweise lohnte es sich, einen Fotoapparat mit in die Waschraeume zu nehmen. Die Fauna dort hatte es in sich!
Die Reise zum “Tip” und zurück war insgesamt ein tolles Erlebnis. Wir haben die Natur und die Einsamkeit sehr genossen. Wir fuerchten nur, dass Cape York in ein paar Jahren nicht mehr das gleiche sein wird, denn das Strassennetz wird immer weiter ausgebaut und asphaltiert. Das wird sicher mehr Tourismus anziehen und dem Ort den Reiz der Abgelegenheit nehmen.

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